Thomas Meinecke

Lesung + Diskussion

am 23. Mai 2017 beim 9. Queer Festival Heidelberg.

Schon in den Romanen „Tomboy“ (1998), „Musik“ (2004) und „Lookalikes“ (2011), aber auch als Texter der Band F.S.K. hat sich Thomas Meinecke den Themen Sex, Gender und Homosexualität und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gewidmet. Queere Lebensentwürfe und ästhetische Praktiken verquickt er lustvoll mit jüngeren feministischen Theorien, nach denen es eben nicht nur ein biologisches Geschlecht, sondern auch ein soziales, gesellschaftlich konstruiertes gibt.

Seine Theorie- und Popbegeisterung zeigt sich auch in der Form seines Schreibens: Meineckes Texte verstehen sich als Bricolage; er montiert Musik, Geschichten, Ideen, zitiert und sampelt, mäandert durch den unendlichen Raum der Gegenwart und vor allem der Kultur der Gegenwart. Dabei dekonstruiert er Wirklichkeitskonstruktionen und verdreht über seine Figuren nicht selten die Attribute „weiblich“ und „männlich“. Sein popmoderner Blick stellt in Frage, was lange als „normal“ galt – denn das Leben im Jetzt ist ein weites, buntes Feld: eben queer.

 

 

SELBST

Eine WG in Frankfurt am Main: Eva (Mode-Redakteurin, Kunsthistorikerin, »Prinzessin«), Genoveva (autodidaktische Sexualwissenschaftlerin, Forschungsschwerpunkte: Autogynophilie und Selfie Culture) und Venus (androgynes Model, Kulturwissenschaftlerin, Forschungsschwerpunkt: die Kolonien deutscher Vormärz-Auswanderer in Texas, insbesondere die Geschichte der nach Bettina von Arnim benannten libertären Kommune am Llano River). Sie schießen Modestrecken in der Baustelle der EZB, werden Zeuge der polizeilichen Erstürmung des Instituts für Vergleichende Irrelevanz, gehen tanzen im »Robert Johnson« und suchen nach Zärtlichkeit jenseits einer von Freud, Foucault oder Butler als Gefängnis geschilderten Sexualität. Sie sind die Hauptfiguren in einem mal platonischen, mal erotischen Postgender-Liebesreigen, inszeniert von Thomas Meinecke, feministischer Autor, Anhänger weiblichen Schreibens und Schriftsteller-Darsteller im eigenen Roman.

 

 

Thomas Meinecke wurde 1955 in Hamburg geboren, lebte ab 1977 in München und zog 1994 mit seiner Familie in ein oberbayrisches Dorf. Von 1978 bis 1986 war er Mitherausgeber und Redakteur der Avantgarde-Zeitschrift Mode & Verzweiflung, in den Achtzigerjahren schrieb er Kolumnen für die ZEIT, ab 1986 veröffentlichte er Erzählungen und zahlreiche Romane, zuletzt den Roman Lookalikes (2011) im Suhrkamp Verlag. Außerdem war er von 2007 bis 2013 Kolumnist für das Berliner Magazin Groove. Sein Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Düsseldorfer Literaturpreis (2003) und dem Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst (2008). Im Wintersemester 2012 hatte er die Poetikdozentur an der Goethe-Universität Frankfurt inne, die Vorlesungsreihe mit dem Titel „Ich als Text“ ist anschließend in der edition suhrkamp erschienen. Thomas Meinecke ist außerdem Musiker und Texter in der 1980 von ihm mitgegründeten Band Freiwillige Selbstkontrolle (FSK), Radio-DJ in seiner Sendung Zündfunk Nachtmix (BR 2) und hat auch als Solokünstler Platten aufgenommen.

 

Der umherschweifende Podiumsproletarier (kaput-mag.com)

Die Veranstaltung bei Facebook

T. Meinecke bei Suhrkamp

Einlass 19.00| AK 10 €, VVK 8 € + VVK-Gebühr

Karlstorbahnhof Heidelberg, Saal

2017 is Thomas Meinecke’s second appearance at the Queer Festival in Heidelberg and this year he’s happy to present us his latest book, „Selbst“. As in his earlier novels „Tomboy“ (1998), „Musik“ (2004) and „Lookalikes“ (2011) (and as the lyricist of the band F. S. K.), Meinecke takes a closer look at the topics of sex, gender and homosexuality and their perception in the public eye. Playfully, he merges queer lifestyles and aesthetic practices with modern feminist theories, such as the idea that our biological sex exists alongside a gender that is constructed by society.

His enthusiasm for pop culture and for theory is also reflected in the way he writes: his texts are a melting pot in which he assembles music, stories and ideas, inserts quotes and samples, and travels through the seemingly unending „now“; more specifically the culture of „now“. He deconstructs constructions of reality and uses his books‘ characters to swap the attributes „male“ and „female“. His perspective is modern and pop and questions what has long been seen as „normal“. He sees life in the „now“ as wide open and full of color. You could even call it queer.