Lesben*geschichte – Zwischen Unsichtbarkeit und Repression

Eine Vorlesungsreihe des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Heidelberg und des Forschungsprojekts »Alleinstehende Frauen«, »Freundinnen«, »Frauenliebende Frauen« – Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er–1970er Jahre) (gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg) in Kooperation mit dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg, dem Queer Festival Heidelberg, der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte und dem Kulturhaus Karlstorbahnhof.

 

Zoom-Link für alle Veranstaltungen: https://us02web.zoom.us/j/84032189272

25. April 2022, 18:15 Uhr, Friedrich-Ebert-Haus, Pfaffengasse 18
Eröffnungsvortrag
Zwischen Anpassungsdruck und Zensur: Lesbische Liebe im 20. Jahrhundert

Es war kaum sichtbar, aber viele Frauen fügten sich und heirateten, obwohl sie Frauen liebten; ein Leben unabhängig von einem Ehemann war in Deutschland oftmals kaum möglich. Wie viele die Ehe beenden wollten, ist unbekannt. So wie auch Auswirkungen von Strafgesetzen wie Kuppelei auf lesbische Liebe oder von Zensur auf Lebenswege. Über lesbische Liebe wurde, anders als über männliche Homosexualität, im öffentlichen Raum weitgehend geschwiegen, und dies setzt sich in Archiven fort.

Kirsten Plötz, freiberufliche Historikerin

Begrüßung: Stefanie Jansen, Bürgermeisterin für das Dezernat Soziales, Bildung, Familie und Chancengleichheit der Stadt Heidelberg

Einführung: Karen Nolte, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin Heidelberg und
 Danijel Cubelic, Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg

5. Mai 2022, 18:15 Uhr, Friedrich-Ebert-Haus, Pfaffengasse 18
Vortrag:  Zur Theorie der »Intersexualität« von Lesben in der Medizin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Impulse für die Lesbengeschichte aus der Geschichte der Intergeschlechtlichkeit

Anhand der Geschichte der Medikalisierung von Inter* (Intersex, Intergeschlechtlichkeit) rekonstruiert der Vortrag die Theorie der »inter-sexuellen Konstitution« von Lesben als Verflechtung von sexualitäts- und geschlechtsnormierenden Diskursen, die bis in die 1950er Jahre hinein die ärztliche Sichtweise prägten. Ein Plädoyer für eine konsequente Beschäftigung der Queer History mit dem »I« im »Buchstabensalat« der nicht-heteronormativen Identitäten und sexuellen Orientierungen.

Ulrike Klöppel, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Heidelberg

31. Mai 2022, 18:15 Uhr, Friedrich-Ebert-Haus, Pfaffengasse 18
Vortrag: »Alleinstehende Frauen«, »Freundinnen«, »Frauenliebende Frauen« –
Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er–1970er Jahre)

Im März 2021 startete das interdisziplinäre Forschungsprojekt zu lesbischen* Lebenswelten in Baden und Württemberg an den Universitäten Freiburg und Heidelberg. In drei Teilprojekten wird seitdem zu den Themen »Akteurinnen – Vernetzungen – Kommunikationsräume«, »Recht« sowie »Medizin und Wissenschaftsgeschichte« geforscht. In dem Vortrag stellen die drei Mitarbeitenden des Projekts ihre Arbeitsbereiche, Quellen sowie Teilergebnisse und Forschungsperspektiven vor. Dabei werden nicht nur Einblicke in die Arbeit mit verschiedenen Quellen gegeben, sondern auch Schwierigkeiten und Erfolge der Recherchearbeit aufgezeigt. Durch die drei genannten Perspektiven auf Geschichten lesbischer* Frauen, wird eine breite Deutung verschiedener Lebensrealitäten möglich, die Einblicke in Möglichkeiten und Grenzen der Lebbarkeit nicht heteronormativer Lebensentwürfe geben kann. 

Steff Kunz, Muriel Lorenz und Mirijam Schmidt, Projekt »Alleinstehende Frauen«, »Freundinnen«, »Frauenliebende Frauen« – Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er-1970er Jahre), gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Universitäten Heidelberg und Freiberg i. Br.

8. Juni 2022, 18:15 Uhr, Kulturhaus Karlstorbahnhof, Am Karlstor 1
Podiumsdiskussion Lesben*geschichtsforschung in der LGBTTIQ*-Community
und in der Universität

Die Forschung zur Geschichte von lesbischen Frauen hat ihren Ursprung in feministischen Geschichtsprojekten im Kontext der Neuen Frauenbewegung. Mit viel Engagement und Kreativität fanden Lesbenforscherinnen Zugang zu schwer auffindbaren Quellen, um so in mühevoller Recherchearbeit Lebenswelten von frauenliebenden Frauen zu rekonstruieren. Lesben in der Geschichte als Akteurinnen und somit auch in der gegenwärtigen Gesellschaft sichtbar zu machen, war eine wesentliche Motivation dieser größtenteils außeruniversitär geleisteten Forschung. Im Podiumsgespräch sollen Erfahrungen, Erfolge und Ergebnisse dieser frühen Lesbengeschichtsforschung herausgestellt und zugleich über zukünftige Perspektiven, Fragestellungen und Herausforderungen dieser Forschung diskutiert werden.

Claudia Weinschenk (freischaffende Historikerin aus Stuttgart)
Ilona Scheidle (lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt Heidelberg-Ludwigshafen-Mannheim)
Andrea Rottmann (DFG Netzwerk Queere Zeigeschichte, Didaktik der Geschichte, Freie Universität Berlin)

Moderation: Karen Nolte, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin Heidelberg, Projekt: »Alleinstehende Frauen«, »Freundinnen«, »Frauenliebende Frauen« – Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er–1970er Jahre)

4. Juli 2022, 18:15 Uhr, Friedrich-Ebert-Haus, Pfaffengasse 18
Menschen ohne Geschichte sind Staub: Queere Jüd*innen im Holocaust

Anna Hájková erzählt anhand der Geschichten von vier jungen Leuten von queerem Verlangen, sexueller Gewalt, selbstgewählten Familien und homophober Ausradierung aus der Geschichte. Ob es um queere Töne geht, die mehrfach in Anne Franks Tagebuch auftauchen, oder Hájkovás Begegnung mit der ersten lesbischen Holocaustüberlebenden, die Zeugnis ablegte – Anna Hájková beschreitet historisches Neuland, deckt verdrängte und vergessene queere Geschichten im Holocaust auf – spannend und rührend zugleich.

Anna Hájková, Historikerin an der University of Warwick

21. Juli 2022, 18:15 Uhr, Kulturhaus Karlstorbahnhof, Am Karlstor 1
Lesben* im Nationalsozialismus und Erinnerungspolitik – die Debatte
um die Gedenkkugel an die lesbischen Opfer des Nationalsozialismus
im Frauen-konzentrationslager Ravensbrück

Bereits seit 2012 engagierten sich Aktivist*innen für die Installation eines Gedenkzeichens für die lesbischen Opfer des National-sozialismus im KZ Ravensbrück. Im Oktober 2020 hatte ein breites Bündnis von lesbischen Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen sowie einer kleineren Gruppe solidarischer Schwulenaktivist*innen erneut einen Antrag bei der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten eingereicht, um eine Gedenkkugel aus Ton für die im ehemaligen Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark inhaftierten und ermordeten lesbischen Frauen zu installieren. Erst nach langen erinnerungspolitischen Auseinandersetzungen fand – gestützt durch ein wissenschaftliches Gutachten von Prof. Martin Lücke von der Freien Universität Berlin – die Gedenkkugel im Juli 2021 auch die Zustimmung der Stiftungsgremien. Die Kugel trägt die Inschrift: »In Gedenken aller lesbischen Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet. Ihr seid nicht vergessen.«

Die Veranstaltung dient der Darstellung des Anliegens dieser Gedenkinitiative sowie der Reflexion und Diskussion des Gedenkens und der Aufarbeitung der Geschichte lesbischer Frauen im Nationalsozialismus.

Wiebke Haß und N.N. von der »Initiative Autonome Feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich« und Martin Lücke (DFG Netzwerk Queere Zeitgeschichte, Didaktik der Geschichte, Freie Universität Berlin)

Moderation: Karen Nolte, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin Heidelberg, Projekt: »Alleinstehende Frauen«, »Freundinnen«, »Frauenliebende Frauen« – Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er–1970er Jahre)

Für den Veranstaltungsbesuch gelten die Bestimmungen der Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg. Die gültigen Regelungen sind von Inzidenzen abhängig. Deshalb empfehlen wir, vor dem Veranstaltungsbesuch unsere tagesaktuelle Informationsseite zu besuchen: www.karlstorbahnhof.de/covid-19